"Kann die auch Blockaden lösen? Oder muss ich dafür einen Chiropraktiker bestellen?"
Gar nicht so selten, die Frage. Und auch verständlich, hat doch jede Fraktion ihren eigenen Fachjargon. Als Pferdeosteopathin spricht man gerne von "Läsionen", als Pferdephysiotherapeutin von "Bewegungseinschränkungen". Und als Pferdechiropraktikerin eben von "Blockaden". Was letztendlich gemeint ist :
"Da bewegt sich eine Struktur nicht in dem Umfang, wie sie es könnte und sollte".
Probleme im Bewegungsapparat haben vielfältige Ursachen - im Skelett, im Gelenk, in Bändern oder Muskeln. In einer angeborenen Fehlstellung oder in einer erworbenen, sei diese sich "erritten" worden oder durch einen Unfall in Box oder Weide passiert. Immer sind muskuläre Probleme mit im Spiel, da diese eben an Gelenken ansetzen oder darüber ziehen. Damit macht jede unglückliche Gelenkstellung oder jede ungewollte Bewegung im Gelenk auch eine Überdehnung oder eine Kontraktur der beteiligten Muskeln. Ebenfalls kommt es fast immer auch zu Entzündungsanzeichen, die eine Beteiligung des Immunsystems anzeigen und Reparaturmechanismen in Gang setzen sollen. Das beobachten wir dann anhand von Schmerzreaktionen, Schwellungen, Rötungen oder Wärme. Und natürlich anhand von Bewegungsstörungen, von der Ausweichbewegung bis hin zur echten Stützbein-Lahmheit, bei dem deutlich die "Nickbewegung" des Pferdes zu erkennen ist und es auf das gesunde Bein "fällt" (dies sollte im übrigen immer auch vom TA abgeklärt werden ).
Also haben es sowohl Chiropraktiker, als auch Physiotherapeut oder Osteopath für Pferde immer mit denselben Problemstellungen zu tun. Der Unterschied liegt in den unterschiedlichen "Therapieideen", die den Weg und die Technik vorgeben, wie man eine Läsion, eine Blockade oder Bewegungseinschränkung lösen kann.
Auch wenn es naturgemäß Überschneidungen gibt, kann man doch die jeweiligen Therapieideen auf ihre Grundprinzipien herunterbrechen:
Therapieidee der Pferdephysiotherapie:
Wiederherstellung der Beweglichkeit durch langsames, rhythmisches Bewegen; Setzen von Dehn- und Zugreizen in die
physiologische, "richtige" Funktion hinein.
Dabei sind Wiederholungen und Gleichmäßigkeit der Schlüssel, sowie die direkte Behandlung der Muskulatur, um diese zu entspannen und dem Gelenk und den betroffenen Weichteilen die Möglichkeit zu geben, sich wieder in ihrer schmerzfreien Position zu bewegen .
Weitere Bausteine der Pferdephysiotherapie:
- Die Trainingstherapie, die Pferden durch gezielte Kraft- und Balance-Übungen nach Verletzungen oder OPs wieder in die richtigen Bewegungsmuster hilft.
- Physikalische Therapiemethoden, wie Magnetfeld, Equitron, Hofmag, Elektrotherapie, Wärme, Kälte usw.
Therapieidee der Pferdeosteopathie:
Die Pferdeosteopathie ist vielleicht der ganzheitlichste der Therapieansätze. Als Pferdeosteopathin verstehe ich mich als "Dolmetscherin", die zwischen den Einzelbefunden aus Bewegungsapparat, Faszien und Organsystemen vermittelt und ihr Zusammenspiel im Pferdeorganismus fördert. Das immer mit dem Therapieziel der Harmonisierung und damit letztlich der Freisetzung der Selbstheilungskräfte des Pferdes.
Die Pferdeosteopathie umfasst drei Bereiche, die in diesem Sinne zusammenspielen und sowohl manuelle, als auch energetische Therapietechniken vereinen.
- Kranio-sakrale Pferdeosteopathie:
Der Pferdeosteopath folgt dem sogenannten "Pimären Atemmechanismus" (PAM), der sich in der Pulsation des Liquor cerebrospinalis erfühlen lässt (der Rückenmarksflüssigkeit). Über spezielle Handgriffe im Bereich des Schädels des Pferdepatienten wird der PAM erfühlt und energetisch mobilisiert und harmonisiert. Nach der Idee dieser alternativ-veterinärmedizinischen Methode überträgt sich der Primäre Atemmechanismus vom Rückenmark auf die umliegenden Gewebe, wie etwa Knochen und Organe. So beeinflusst die kranio-sakrale Pferdeosteopathie das Zusammenspiel der gesunden Funktionen im Pferdekörper.
- Viszerale Pferdeosteopathie:
Hier liegt das Augenmerk des Pferdeosteopathen auf den Organen ( = Viszera) des Pferdes, die dem PAM folgen und sich in einer spezifischen Beweglichkeit ausdrücken. Diese Mobilität der Organe wird in zugeordneten Bereichen bzw. Reflexbereichen des Pferdekörpers ertastet. Dabei spielen Faszientechniken eine entscheidende Rolle, denn mit diesen erlangt der Pferdeosteopath Zugang zu diesen Bereichen und erfühlt ihre physiologischen Spannungszustände. Auch hier geht es um Harmonisierung: Unphysiologische Spannungen werden mit sanften Zug- und Dehntechniken aufgelöst und so Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen innerhalb der Organsysteme ausgeglichen. - Parietale Pferdeosteopathie:
Diese befasst sich mit Faszien, Muskeln, Knochen und Gelenken des Pferdekörpers. Blockaden oder Läsionen der Gelenke, besonders der Wirbelsäulengelenke, können nicht nur einen guten Bewegungsablauf des Pferdes stören, sondern "blockieren" im wahrsten Sinne des Wortes Selbstregulierung und damit die Selbstheilungskräfte des Pferdekörpers. Über manuelle Dehn- und Zuggriffe werden Blockaden sanft gelöst und der harmonische Bewegungsfluss des Pferdes wiederhergestellt.
Therapieidee der Pferdechiropraktik:
Gelenknahe, über einen bewusst kurzen Hebel ausgeführte, schnelle Bewegung in die physiologische Gelenkstellung hinein (sogenannter "Thrust"). Um Fehlstellungen des Gelenks, die berühmten Blockaden, zu optimieren, arbeitet der Pferdechiropraktiker "im paraphysiologischen Raum".
Dieser bezeichnet die Grenze des anatomischen Bewegungsspielraums eines Gelenks. Im Fokus stehen bei der Pferdechiropraktik die Wirbelgelenke, die vom Schweif bis zum Genick des Pferdes großen Einfluss auf den Bewegungsfluss nehmen.
Pferdechiropraktik gilt als ganzheitliche Therapieform, da sie die zwischen den Wirbelgelenken austretenden Spinalnerven mit behandelt. Diese werden in ihrer Funktion gestärkt und verbessert.
Damit hat die Pferdechiropraktik positiven Einfluss auf die von den Spinalnerven versorgten, wichtigen Organsysteme, wie Verdauungstrakt oder Atmungsapparat. Und natürlich auf die betroffene Muskulatur, die ebenfalls entspannt.
Der Pferdechiropraktiker arbeitet "von oben" an der Wirbelsäule - von einem Block aus. Die Höhe ist erforderlich, um den richtigen Bewegungswinkel für den Thrust zu erhalten. Dieser muss streng dem Bewegungswinkel des Gelenks folgen, um es erfolgreich zu korrigieren.
Ich kombiniere diese Therapieformen und lasse auch Dorn Therapie und Equine Dry Needling nach Schachinger einfließen. Es kommt letztendlich immer auf den Pferdepatienten an und mit welcher Therapie er besser zurecht kommt. Nur ein entspanntes Pferd kann auch effektiv behandelt werden. Das steht für mich immer im Zentrum und ist entscheidend für die Wahl der Therapien und Techniken.
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Hast du Interesse an einer Therapie für dein Pferd oder möchtest eine allgemeine Beratung dazu?
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