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Schmerzen beim Reitpferd schneller erkennen

Aktualisiert: 23. Jan. 2023

Ich habe in der HANDS ON, Fachzeitschrift für manuelle und physikalische Therapien in der Tiermedizin, über die Studie zum "Ridden Horse Pain Ethogram" von Dr. Sue Dyson gelesen. Ich war so begeistert, dass ich gleich die zugehörige Fortbildung wahrgenommen habe - "How to recognize the 24 Behaviours indicating Pain in the ridden Horse". Der Titel deutet es schon an: Pferde können uns Schmerzen beim Reiten anzeigen, und das auch ohne die deutliche, für alle sofort sichtbare Lahmheit. Wir müssen jedoch offensichtlich genauer hinsehen und vor allem wissen, worauf wir schauen müssen! Laut der Studie bemerken wir Reiter es erschreckend oft nicht, wenn unsere Pferde beim Reiten Schmerzen empfinden. 50% der Probanden der Studie, die glaubten ihre Pferde seien schmerzfrei, lagen nach der Anwendung des von Dr. Dyson entwickelten "Ridden Horse Pain Ethogram, RHpE" leider falsch.

Wer von uns Pferde regelmäßig reitet und trainiert, kennt die Fragen: Können Trainingsschwierigkeiten vielleicht doch auf Schmerzen zurückgeführt werden? Und wo ist die Grenze, ab der wir handeln müssen, bevor wir am Ende einfach über Schmerzen "hinweg reiten"? Nicht immer einfach zu beantworten, denn nicht immer liegen offensichtliche, eindeutige Symptome vor und Lahmheitsuntersuchungen haben (noch) nichts ergeben. Daher finde ich es umso wichtiger, dass es mit dem "Schmerz Ethogramm des gerittenen Pferdes" nun eine handfeste und validierte Möglichkeit gibt, frühzeitig und sicher schmerzhafte Reitpferde zu identifizieren.


Somit ist das Schöne an dieser Studie und der Fortbildung natürlich, dass sie absolut pro Pferd ist und damit letztendlich für alle Reiter relevant! Wer von uns möchte nicht frühzeitig erkennen, dass sein Pferd Schmerz beim Reiten fühlt?


Aber genau so wichtig finde ich es, dass das "Ridden Horse Pain Ethogram" eben nicht vereinfacht. Es verhindert, Reiter in die Schublade "herzlos" zu stecken, und Pferde in die Schublade "krank" , weil sie im Training mal Schwierigkeiten haben, richtig anzugaloppieren, sich mal verwerfen oder kurz hinter der Senkrechten gehen. Denn die Studie zeigt, dass die auf Schmerz hinweisenden Verhaltensweisen in bestimmter Häufung und Dauer vorliegen müssen. Aus den 24 Verhaltensweisen, die alle genau beschrieben sind, müssen 8 oder mehr in einer 10minütigen, eigens entworfenen Dressuraufgabe beobachtet werden können. Und das ist gar nicht so einfach, wie es vielleicht klingt und ich hatte, obwohl durch die Physiotherapie auf Gangbild und genaue Beobachtung geeicht, am Anfang so vieles übersehen, dass es mir schon fast peinlich war. Allerdings wurde ich beruhigt, da anfangs wohl alle Beobachter diese Erfahrung machen, und die ersten Beobachtungsdurchläufe meist nur unter 50% richtig liegen. Man wird dann gottseidank durch die wiederholte Übung stetig besser!



Als Physiotherapeutin möchte ich dazu beitragen, Schmerzzustände bei unseren Reitpferden früh zu erkennen.


Denn je früher wir Schmerz identifizieren, desto besser können wir vorbeugen und Ursachen- Folge-Ketten durchbrechen, die sich in weiteren, schmerzhaften Zuständen durch Ausweichbewegungen und Kompensationen manifestieren.

Ich freue mich daher, das Schmerz Ethogramm des gerittenen Pferdes in der Praxis anzuwenden, denn es kann bei vielen Fragestellungen hilfreich sein:

  • Wieso bewegen sich manche Pferde unter dem Reiter so anders, oft schlechter, als z. B. an der Longe oder im Freilauf? Die Studie zeigt, dass sich muskuloskelettale Schmerzen oft eben erst bei stärkerer Belastung, sprich beim Reiten, zeigen.

  • Spricht bei unserem vermeintlich fitten Sportkameraden Pferd wirklich nichts dagegen, in die volle Belastung zu gehen - zB in der Turniersaison oder auf intensiven Lehrgängen?

  • Last but not least: Haben wir die gewünschten Rehabilitationsfortschritte gemacht?

  • Sind die Therapie- und Trainingstherapieerfolge auch unter dem Reiter nachhaltig sichtbar - indem wir ein schmerzfreies Pferd beobachten können?

Übrigens: Ich kann jeden beruhigen, der sich vor einer Beurteilung als Reiter scheut, denn darum geht es nicht. Die Studie zeigt, dass die schmerzbedingten Verhaltensweisen des RHpE sich bei Reitern aller Niveaus gleichermaßen beobachten lassen. Selbst professionelle, starke Reiter konnten die Verhaltensweisen, die mit Schmerz assoziiert sind, nicht "wegreiten", wie ja oft vermutet wird. Es konnte im Vergleich zwar eine Verbesserung der Gangqualität der Pferde festgestellt werden, die Pain Scores blieben jedoch die gleichen.



Zertifikat von Dr. Dyson
Zertifikat

Infos zur Studie und zur Fortbildung findet ihr hier:



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